Wolfsburg zählt zu den wenigen Stadtgründungen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Deutschland. Bis Mai 1945 trug die Stadt den Namen Stadt des KdF-Wagens bei Fallersleben.[2] Die Stadt war als Wohnort für die Mitarbeiter des Volkswagenwerkes konzipiert, in dem der KdF-Wagen – der spätere VW Käfer – produziert werden sollte. 1972 überschritt die Einwohnerzahl die Grenze von 100.000, wodurch Wolfsburg zur Großstadt wurde. Im Jahr 2010 war das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf das höchste aller deutschen Städte.
Wolfsburg bildet mit den Städten Braunschweig und Salzgitter eines der neun Oberzentren in Niedersachsen und gehört zur Metropolregion Hannover-Braunschweig-Göttingen-Wolfsburg. Die nächstgelegenen größeren Städte sind Braunschweig rund 26 Kilometer südwestlich, Magdeburg rund 64 Kilometer südöstlich und Hannover rund 74 Kilometer westlich.
Geografie
Klima
Der Jahresniederschlag beträgt 532 mm und liegt damit im unteren Zehntel der in Deutschland erfassten Werte; nur an 7 Prozent der Messstationen des Deutschen Wetterdienstes werden niedrigere Werte registriert. Der trockenste Monat ist der Oktober, die meisten Niederschläge fallen im Juni; in diesem Monat fallen 1,9-mal mehr Niederschläge als im Oktober. Die Niederschläge variieren kaum und sind gleichmäßig übers Jahr verteilt. An nur 17 Prozent der Messstationen werden niedrigere jahreszeitliche Schwankungen registriert.
Geschichte
Vorgeschichte der Stadt Wolfsburg
1302 wurde die Wolfsburg als Sitz des Adelsgeschlechts derer von Bartensleben erstmals urkundlich erwähnt. Anfangs war dies ein Wohnturm an der Aller, der erst in späteren Jahrhunderten seinen wehrhaften Charakter als Wasserburg erhielt. Eine Vorgängeranlage war vermutlich die um 1200 entstandene Turmhügelburg Rothehof der Rothehöfer Linie des Geschlechts. 1372 folgte die erste urkundliche Erwähnung der Burg Neuhaus. Nach dem Erlöschen des Geschlechts derer von Bartensleben 1742 ging ihr Besitz einschließlich der Wolfsburg durch Erbgang an die Grafen von der Schulenburg über. Das gräfliche Gut war ein bedeutender Arbeitgeber für die der Burg nahe liegenden Siedlungen Rothenfelde und Heßlingen sowie den schulenburgischen Gutsweiler Rothehof.
Einige der heutigen Ortsteile, darunter Heßlingen mit dem bis 1928 als Gutsbezirk selbständigen Wolfsburg,[9] gehörten im 18. Jahrhundert zum Herzogtum Magdeburg und bildeten eine Exklave, die zum Holzkreis gehörte. Erst 1932 wurden sie aus dem Landkreis Gardelegen, der zur preußischen Provinz Sachsen gehörte, in den hannoverschen Landkreis Gifhorn umgegliedert. Andere Ortsteile, wie Vorsfelde und die vom Landkreis Helmstedt zu Wolfsburg gekommenen Dörfer, gehörten über Jahrhunderte zum Gebiet des späteren Herzogtums Braunschweig, hingegen Fallersleben und die schon vor 1932 zum Landkreis Gifhorn gehörenden Dörfer zum Kurfürstentum Braunschweig-Lüneburg (später Königreich Hannover und Provinz Hannover).
Über das heutige Stadtgebiet verlief im 18. und 19. Jahrhundert die Postroute Braunschweig–Calvörde.
Am 26. Mai 1938 legte Adolf Hitler den Grundstein für das Volkswagenwerk auf der Nordseite des Mittellandkanals, wo der KdF-Wagen – später VW Käfer genannt – gebaut wurde. Um die nötigen Arbeiter unterzubringen, sollte in unmittelbarer Nähe eine neue Stadt entstehen. Daher wurde mit Wirkung vom 1. Juli 1938 durch Verordnung des Oberpräsidenten des Regierungsbezirks Lüneburg die „Stadt des KdF-Wagens bei Fallersleben“ im Landkreis Gifhorn gebildet. Sie bestand aus den vormaligen Gemeinden Rothehof-Rothenfelde und Heßlingen (einschließlich des Wohnplatzes Wolfsburg) sowie einzelnen Grundstücken der Gemeinden Mörse (Gemarkungen Mörse, Hattorf und Barnstorf), Sandkamp, Fallersleben und Hattorf, alle zum Landkreis Gifhorn gehörig. Das Zentrum der neuen Stadt sollte in der Gemarkung Heßlingen entstehen. Der Bau von Kirchen wurde ab 1940 bewusst ausgeschlossen, da Wolfsburg eine Stadt ohne Kirchen werden sollte.[10] Bereits zu dieser Zeit wurde der Einsatz von ausländischen Facharbeitern in Erwägung gezogen. Die in Bahnhofsnähe errichtete Tullio-Cianetti-Halle erinnert mit ihrem Namen an ein 1937 ratifiziertes Abkommen mit der italienischen Mussolini-Regierung. Der an der Berlin-Lehrter Eisenbahn liegende Bahnhof trug weiterhin den Namen Rothenfelde-Wolfsburg.[11]
Während des Zweiten Weltkriegs diente das neu gebaute Autowerk vor allem der Rüstungsindustrie, auch unter Einsatz Tausender Zwangsarbeiter. In den für die Produktion der KdF-Wagen gebauten Hallen wurden Kübelwagen, Ersatzteile für Panzer und andere Rüstungsgüter wie die Vergeltungswaffe 1 produziert. Die Zwangsarbeiter wurden im KZ Arbeitsdorf zwangsinterniert. Am 11. April 1945 wurde das Werk Ziel von alliierten Luftangriffen und durch Bomben zu zwei Dritteln zerstört.
Stadtaufbau
Ende 1937 beauftragte die Gesellschaft zur Vorbereitung des Deutschen Volkswagens (GEZUVOR) den Architekten Peter Koller mit der Planung und dem Bau der neu zu gründenden Stadt mit bis zu 90.000 Einwohnern, die den vorläufigen Namen Stadt des KdF-Wagens trug. Es sollte eine vorbildliche Arbeiterstadt entstehen, um als Muster für andere städtebauliche Maßnahmen im Deutschen Reich zu dienen. Beim Bau der neuen Stadt konnte Koller die herkömmlichen baurechtlichen Beschränkungen umgehen, da das 1937 geschaffene Gesetz über die Neugestaltung deutscher Städte zur Anwendung kam. Koller hatte ab Herbst 1937 zusammen mit dem Garten- und Landschaftsplaner Wilhelm Heintz die Grundzüge der Stadtentwicklung anhand statistischer Untersuchungen des täglichen Bedarfs der zukünftigen Stadtbewohner und anhand eingehender topografischer Untersuchungen des vorhandenen Geländes entwickelt.
Koller wurde 1938 Chef des Stadtbaubüros und unterstand im Sinne des „Führerprinzips“ zunächst direkt Generalbauinspektor Albert Speer, später Robert Ley als Leiter der Deutschen Arbeitsfront (DAF). 1938 legte Koller seinen Entwurf („Koller-Plan“) für den Bau der neuen Stadt vor, der nach geringen Änderungen von Adolf Hitler genehmigt wurde. Nach dem „Koller-Plan“ war eine Stadt im Grünen vorgesehen, die sich an die vorhandene Topografie anpasst. Darin stellte der Mittellandkanal die Trennlinie zwischen Wohnen und Arbeiten dar. Während das VW-Werk in dem flachen, baumarmen Niederungsgebiet nördlich des Kanals entstand, war das Südufer mit leichten Anhöhen und ausgedehnten Waldflächen der Stadt vorbehalten. Auf dem Klieversberg als der höchsten Stelle war eine „Stadtkrone“ mit repräsentativen Parteibauten vorgesehen.
Baubeginn bei der Wohnbebauung mit 6.700 geplanten Wohnungen im ersten Bauabschnitt war das Jahr 1938. Zuerst entstand die Siedlung Steimker Berg als Wohnquartier für Führungskräfte des Volkswagenwerks und der Stadtverwaltung. Weitere Wohnbauten wurden in den Stadtteilen Wellekamp und Schillerteich für Arbeiter errichtet. Für den Bau war die Neuland, Gemeinnützige Wohn- und Siedlungsgesellschaft der Deutschen Arbeiterfront in der Stadt des KdF-Wagens[12] zuständig.
Ende 1941 kamen aufgrund der kriegsbedingten Materialknappheit und des Arbeitskräftemangels die Bauarbeiten zum Stillstand. Bis dahin waren lediglich knapp 2.900 Wohnungen fertiggestellt. In die bereits vorbereitete Stadtsilhouette wurden an Stelle der fehlenden festen Wohnbebauung Barackensiedlungen eingefügt. Kollers ursprüngliche Stadtplanung kam aufgrund des Zweiten Weltkriegs nur ansatzweise zur Verwirklichung. Neben den Wohnungen zählt zu den wenigen verwirklichten Bauvorhaben die (heute als Parkplatz genutzte) Prachtstraße am CongressPark, die nach der ursprünglichen Planung als Paradestraße für die Aufmärsche der NSDAP unterhalb der (geplanten) Residenz des „Führers“ auf dem Klieversberg dienen sollte.
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