William Shakespeare [ˈwɪljəm ˈʃeɪkspɪə] (getauft am 26. April 1564jul. in Stratford-upon-Avon; † 23. Apriljul./ 3. Mai 1616greg. ebenda[1]) war ein englischer Dramatiker, Lyriker und Schauspieler. Seine Komödien und Tragödien gehören zu den bedeutendsten und am meisten aufgeführten und verfilmten Bühnenstücken der Weltliteratur. Sein überliefertes Gesamtwerk umfasst 38 (nach anderer Zählung 37) Dramen, epische Versdichtungen sowie 154 Sonette.
Seine Bedeutung für die geschriebene Sprache ist auf dem gesamten Globus unumstritten. So gilt er – zusammen mit Homer – als bedeutendster Dichter der weltweiten Literaturgeschichte und ist – Schätzungen zufolge – mit 2 Milliarden bis 4 Milliarden verkauften Buch-Exemplaren seiner Werke der meistverkaufte Autor aller Zeiten.
Leben
Frühe Jahre
Shakespeares Geburtshaus
Shakespeares Geburtsdatum ist nicht überliefert. Laut Kirchenregister der Holy Trinity Church in Stratford-upon-Avon, Warwickshire wurde er am 26. April 1564 getauft. Seit dem 18. Jahrhundert wird der 23. April oft als sein Geburtstag genannt, doch ist diese Angabe nicht gesichert und geht wohl nur darauf zurück, dass Shakespeare am gleichen Tag des Jahres 1616 (23. April) verstorben ist.[2] Bisweilen wird der 23. April als Shakespeares angeblicher Geburtstag auch mit der Behauptung untermauert, dass im elisabethanischen England Kinder drei Tage nach ihrer Geburt getauft wurden; tatsächlich aber hat es einen solchen Dreitagesbrauch nicht gegeben.[3]
William Shakespeares Eltern waren John Shakespeare und Mary Arden, die einer wohlhabenden Familie entstammte. Wahrscheinlich hat er die Lateinschule (Grammar School) in Stratford-upon-Avon besucht und dort Unterricht in Latein, Griechisch, Geschichte, Morallehre und Dichtkunst erhalten.[4] Der Unterricht einer Grammar School vermittelte Kenntnisse in Rhetorik und Poetik und leitete die Schüler auch zur Produktion kleiner Dramen nach dem Muster antiker Vorbilder an. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass Shakespeare wie andere zeitgenössische englische Dramatiker eine Universität besucht hat.
Im Alter von 18 Jahren heiratete er die acht Jahre ältere Bauerntochter Anne Hathaway. Das Datum der Hochzeit ist nicht bekannt, das Aufgebot (marriage license report) wurde am 27. November 1582 bestellt. Etwa sechs Monate nach der Eheschließung wurde die Tochter Susanna geboren (Taufeintrag 26. Mai 1583). Knapp zwei Jahre später kamen Zwillinge, der Sohn Hamnet und die Tochter Judith, zur Welt (Taufeintrag 2. Februar 1585); Hamnet starb 1596 im Alter von elf Jahren (Begräbnis 11. August 1596; Todesursache unbekannt). Aus dem Jahr 1598 ist ein Brief erhalten, in dem ein gewisser Richard Quiney bei Shakespeare um ein Darlehen von 30 Pfund bat.[5] 18 Jahre später, am 10. Februar 1616, heiratete William Shakespeares Tochter Judith dessen Sohn Thomas Quiney.
Die verlorenen Jahre
Über die etwa acht Jahre 1584/85 bis 1592, die in der Shakespeare-Forschung als „verlorene Jahre“[6] bezeichnet werden, ist wenig bekannt. Mangels ausreichender Quellen sind umso mehr Legenden entstanden, die sich zum Teil auf von Zeitgenossen überlieferte Anekdoten zurückführen lassen.
Das erste schriftliche Dokument, das belegt, dass Shakespeare sich in London aufhielt, stammt von dem Dichter Robert Greene, der ihn 1592 in einem Pamphlet als Emporkömmling diffamierte. Greene lästerte, Shakespeare maße sich an zu dichten wie die angesehenen Dichter seiner Zeit: there is an upstart Crow, beautified with our feathers, that with his Tygers hart wrapt in a Players hide, supposes he is as well able to bombast out a blanke verse as the best of you: and beeing an absolute Johannes fac totum, is in his owne conceit the onely Shake-scene in a countrey.[7] (Denn es gibt eine emporgekommene Krähe, fein herausgeputzt mit unseren Federn, die mit ihrem Tigerherz, in einem Schauspielergewand versteckt, meint, Blankverse ausschütten zu können wie die Besten von euch; und als ein absoluter Hans-Dampf-in-allen-Gassen kommt er sich als der größte Theater-Erschütterer im Land vor.) Der Ausdruck Shake-scene ist ein Wortspiel mit dem Namen Shakespeare.
Bei der postumen Veröffentlichung des Pamphlets fügte der Herausgeber eine Entschuldigung bei, woraus sich schließen lässt, dass Shakespeare damals schon populär war und einflussreiche Gönner hatte. Er war zu dieser Zeit bereits Mitglied der Truppe Lord Strange’s Men, die sich ab 1594 Lord Chamberlain’s Men nannte und zu den führenden Schauspieltruppen Londons zählte. Kurz nach seiner Thronbesteigung machte Jakob I. sie als King’s Men zu seiner eigenen.
Stückeschreiber und Schauspieler
Erstes unter dem Namen William Shakespeare erschienenes Werk, 1593
Shakespeare schrieb Schauspiele für seine Theatertruppe, an der er finanziell beteiligt war, und spielte als Schauspieler in kleineren Rollen selbst mit. Wie die Tagebuchaufzeichnungen des Theaterunternehmers Philip Henslowe belegen, waren seine Stücke sehr erfolgreich.
Als sein größter Konkurrent galt zunächst Christopher Marlowe, später Ben Jonson. Es war üblich, ältere Stücke umzuschreiben und wieder neu aufzuführen: Shakespeares Hamlet könnte beispielsweise die Adaption eines älteren „Ur-Hamlet“ sein. Teils wurden auch Sagen- und Märchenstoffe mehrmals zu Dramen verarbeitet, wie im Fall von König Lear. Stücke entstanden auch nach gedruckten Quellen, etwa Plutarchs Biographien großer Männer, italienischen Novellensammlungen oder Chroniken der englischen Geschichte. Eine ebenfalls gängige Methode war es, Fortsetzungen zu erfolgreichen Stücken zu schreiben. So war die Figur des Falstaff in Heinrich IV. beim Publikum so beliebt, dass Shakespeare sie in Die lustigen Weiber von Windsor erneut auftreten ließ.
Dichter und Geschäftsmann
Neben seinen dramatischen Arbeiten verfasste Shakespeare (vermutlich als die Theater Londons wegen der Pest-Epidemien zeitweise schließen mussten) auch lyrische und epische Gedichte. Die letzteren begründeten seinen Ruf als Autor bei seinen Zeitgenossen. Wohl im Jahr 1593 schrieb er die beiden Verserzählungen Venus and Adonis und Lucrece, die einem adeligen Gönner Henry Wriothesley, Earl of Southampton, zugeeignet sind. Die Publikation von 154 Sonetten im Jahr 1609 ist von zahlreichen Rätseln umgeben. In einem kurzen Verleger-Vorspann, der meist als „Widmung“ gelesen wird, ist von the only begetter und Mr. W. H. die Rede; die Identität dieser Person ist bis heute nicht geklärt. Vielleicht handelt es sich bei dieser Sonetten-Publikation um einen Raubdruck.
London, Shakespeares Globe Theatre (Rekonstruktion)
Shakespeares Unterschrift unter dem Testament (Last Will), 1616
Ab 1599 war Shakespeare Mitbesitzer des Londoner Globe Theatre, das seine Truppe als Ersatz für das Theatre gebaut hatte, nachdem dessen Pachtvertrag abgelaufen war. Die nach ihrem Mäzen und Sponsor, Lord Chamberlain benannten Lord Chamberlain’s Men traten öfter auch am Hof der Königin Elisabeth auf. Unter Elisabeths Nachfolger Jakob I. nannten sie sich nach ihrem königlichen Gönner King’s Men.
Als Teilhaber des Globe erwarb sich Shakespeare Vermögen und Einfluss. 1596 wurde seinem Vater John Shakespeare ein Familienwappen gewährt,[8][9] das er schon 1576 erfolglos beantragt hatte. 1597 kaufte Shakespeare sich das zweitgrößte Haus in seiner Geburtsstadt Stratford, New Place.
1596 erwarb der Theaterunternehmer James Burbage das Blackfriars Theatre, an dem sich später auch Shakespeare beteiligte. Anders als beim Globe handelte es sich um ein überdachtes Theater, in dem die Truppe von nun an während der Wintermonate spielte. Das Publikum war dort wegen der erheblich höheren Eintrittspreise exklusiver als bei den großen Freiluftbühnen.
Die letzten Jahre
Mit 46 Jahren kehrte Shakespeare als reicher Mann nach Stratford zurück und verbrachte dort seine letzten Lebensjahre. Die Verbindungen zu seinen ehemaligen Kollegen ließ er nicht ganz abreißen, und bei einigen Theaterproduktionen beteiligte er sich als Mitautor. Für die Folgejahre sind mehrere Besuche in London dokumentiert, die meist familiäre und freundschaftliche Anlässe hatten.
Shakespeare starb im Alter von 52 Jahren im Jahr 1616 in Stratford, zehn Tage nach seinem großen spanischen Zeitgenossen Miguel de Cervantes, und wurde in der Holy Trinity Church beigesetzt. Auf der Steinplatte, die sein Grab markiert, steht die Inschrift:
GOOD FREND FOR JESUS SAKE FORBEARE,
TO DIGG THE DVST ENCLOASED HEARE.
BLESTE BE THE MAN THAT SPARES THES STONES,
AND CVRST BE HE THAT MOVES MY BONES
O guter Freund, um Jesu Willen grabe nicht
im Staube, der hier eingeschlossen liegt.
Gesegnet sei, wer schonet diese Steine,
verflucht sei, wer bewegt meine Gebeine.
Shakespeares Grabstätte in der Holy Trinity Church
Vermutlich kurz nach Shakespeares Tod wurde in der Seitenwand der Kirche eine Gedenkbüste mit einer lateinischen Inschrift von einer bis heute unbekannten Person errichtet.
Shakespeares ehemalige Theaterkollegen John Heminges und Henry Condell veröffentlichten seine Werke unter dem Titel Mr William Shakespeare’s Comedies, Histories and Tragedies in einem großformatigen Buch, First Folio genannt. Dem Band ist eine Würdigung durch Ben Jonson vorangestellt, in der es heißt:
Triumph my Britain, thou hast one to show
To whom all scenes of Europe homage owe.
He was not of an age, but for all time! …
Britannien, frohlocke, du nennst ihn dein eigen,
vor dem Europas Bühnen sich verneigen.
Nicht einer Zeit gehört er, sondern allen Zeiten! …
Die Todesursache ist nicht bekannt. Etwa 50 Jahre nach Shakespeares Tod notierte jedoch John Ward, Vikar der Holy Trinity Church in Stratford, in seinem Tagebuch: „Shakespeare, Drayton und Ben Jonson hatten ein fröhliches Zusammentreffen und tranken dabei anscheinend zu viel; denn Shakespeare starb an einem Fieber, das er sich dabei zugezogen hatte.“ Diese Nachricht wird heute als Anekdote ohne sachlichen Gehalt eingeschätzt, ihr wahrer Kern könnte jedoch darin liegen, dass in Shakespeares Todesjahr eine Typhus-Epidemie grassierte, der der Dichter zum Opfer gefallen sein könnte.
Shakespeare-Porträts
Das Droeshout-Porträt
Darstellung auf einer ungarischen Sondermarke von 1964
Von Shakespeare sind einige bildliche Darstellungen und Porträts überliefert. Diese Bilder wurden mit dem zunehmenden Ansehen des Dramatikers vielfach kopiert und dabei mehr oder minder stark abgewandelt. Auch wurden mehrere ungesicherte Werke bereits früh als Shakespeare-Porträts bezeichnet.
Die einzigen beiden Porträts, die wahrscheinlich den historischen William Shakespeare darstellen, wurden erst postum angefertigt:
der Droeshout-Stich (1623), das Frontispiz der Titelseite der ersten Folio-Ausgabe. Er wurde vermutlich nach einer heute verlorenen Vorlage gestochen. Als Künstler gilt traditionell Martin Droeshout der Jüngere (* 1601), es wird seit kurzem aber auch der ältere Martin Droeshout (1560–1642) genannt.[10]
das Grabmonument in der Holy Trinity Church, Stratford-upon-Avon (vor 1623).
Als wahrscheinlich authentisch gilt außerdem das möglicherweise zu Lebzeiten des Dichters entstandene
Chandos-Porträt (von ca. 1594–1599). Der genaue Entstehungszeitpunkt ist unbekannt, der Maler war vermutlich Joseph Taylor (1585–1651). Untersuchungen durch Kuratorin Tarnya Cooper haben 2006 gezeigt, dass das Bild aus Shakespeares Zeit stammt und den Dichter zeigen könnte.[11]
Weitere Porträts, über deren Authentizität kein breiter Konsens vorliegt und die zum Teil sehr umstritten sind, sind u. a.:
das Sanders-Porträt, 2001 in Kanada entdeckt, ist nach Untersuchungen wahrscheinlich zu Shakespeares Lebzeiten gemalt worden[12]
das Cobbe-Porträt, 2006 bekannt geworden und 2009 der Öffentlichkeit vorgestellt, wird von Stanley Wells und dem Shakespeare Birthplace Trust, Stratford-upon-Avon, als authentisch akzeptiert[13]
das Janssen-Porträt, vom selben Maler wie das Cobbe-Porträt, seit 1770 bekannt, restauriert 1988.
Als nicht authentisch gelten u. a.:
das Ashbourne-Porträt, aufbewahrt in der Folger Shakespeare Library in Washington D.C.
das Flower-Porträt von 1609; es gilt seit einer Untersuchung der National Portrait Gallery im Jahr 2004 als Fälschung des 19. Jahrhunderts
die sog. Darmstädter Totenmaske, seit 1849 bekannt; die Authentizität wird nur von Hildegard Hammerschmidt-Hummel behauptet
die Davenant-Büste, von ca. 1613, aus Terrakotta; die Authentizität wird ebenfalls nur von Hammerschmidt-Hummel behauptet.
Shakespeares Sprache
Titelblatt der Erstausgabe 1609
Shakespeare verfügte über einen umfangreichen Wortschatz: 17.750 verschiedene Wörter zählt man in seinen Werken.[14] Charakteristisch für Shakespeare ist seine stilistische Vielfalt, die von der niedrigsten Gossensprache bis zur höchsten Hofsprache alle Sprachniveaus und -register gleichermaßen beherrscht.[15] Besonderes Kennzeichen seiner literarischen Sprache ist der vielfältige Einsatz der Bildersprache (Imagery).[16]
Zu Shakespeares Zeit waren Grammatik, Orthographie und Aussprache[17] noch nicht so standardisiert, wie es seit dem 18. Jahrhundert zunehmend der Fall wurde. Es war auch möglich und üblich, neue Wörter zu prägen, wenn sich die Notwendigkeit dazu ergab. Viele Begriffe, die sich im heutigen Englisch finden, tauchen bei Shakespeare zum ersten Mal auf (zum Beispiel multitudinous, accommodation, premeditated, assassination, submerged, obscene). Allerdings lässt sich der Eindruck, dass Shakespeare mehr neue Ausdrücke und Wendungen geschaffen habe als jeder andere englische Dichter, zum Teil auch damit erklären, dass das im 19. Jahrhundert entstandene Oxford English Dictionary mit Vorliebe Shakespearezitate als Erstbelege angibt.
Urheberschaft seiner Werke
Die heutige Shakespeare-Forschung geht davon aus, dass Zweifel an der Autorschaft von William Shakespeare aus Stratford an dem ihm traditionell zugeschriebenen Werk unbegründet sind. Seit mehr als 150 Jahren wird dennoch eine Debatte über die „wahre“ Urheberschaft geführt. Dies rührt nicht zuletzt daher, dass das aus der Romantik stammende Bild des „genialen Dichters“ mit einer Person wie dem geschäftsorientierten Londoner Theaterunternehmer Shakespeare unvereinbar scheint.[18] Die erste Folioausgabe von 1623 mit ihrer konkreten Festlegung des Shakespearschen Dramenkorpus unter Außerachtlassung der vorausgehenden apokryphen Dramen tat ihr Übriges, um das Bild eines urplötzlich auftauchenden Genies zu umreißen, das leicht zu dem eines Strohmanns umfunktioniert werden konnte. Von der etablierten akademischen Shakespeare-Forschung wird die Problematisierung der Autorschaft des William Shakespeare an dem ihm zugeschriebenen Kanon nicht als legitimes Forschungsthema angesehen.[19] Einige Shakespeare-Forscher kritisieren jedoch die Weigerung der akademischen Literaturwissenschaft, mit außerakademischen (und inzwischen auch einigen akademischen) Forschern, die sich auch als „Antistratfordianer“ bezeichnen, ernsthaft zu diskutieren. (Stratfordianer sind demnach solche Personen, die glauben, dass der in Stratford geborene William Shakespeare der Autor der ihm zugeschriebenen Werke ist.)[20]
Hintergrund der Autorschaftsdebatten bei vielen „Antistratfordianern“ ist die Auffassung, der Dichter der Shakespeareschen Werke könne kein einfacher Mann von geringer Bildung aus der Provinz gewesen sein. Dabei vermittelte der Unterricht einer Grammar School, wie Shakespeare sie wahrscheinlich in Stratford besucht hat, die grundlegenden Kenntnisse und Kompetenzen, die für den Erwerb des in seine Dramen eingegangenen Wissens erforderlich waren. Im 18. Jahrhundert galt Shakespeare als ungebildeter Autor.[21] Man kann nicht gut beides behaupten: Der Autor der Stücke habe eine unerklärt hohe Bildung, und er habe zugleich nur wenig Bildung besessen. Gegen die Autorschaft Shakespeares an seinen Werken soll auch sprechen, dass keine Original-Handschriften seiner Werke überliefert sind, sieht man vom umstrittenen Manuskript des Stücks Sir Thomas More ab. Dies ist bei Autoren des 16. Jahrhunderts allerdings keine Besonderheit. Darüber hinaus werden die sechs erhaltenen eigenhändigen Unterschriften Shakespeares von einigen Beurteilern als so ungelenk angesehen, dass sie geradezu ein Analphabet geleistet haben könnte. Aber auch dies ist Bewertung aus einem modernen Standpunkt, der die historische Wirklichkeit nicht berücksichtigt.
Die Diskussion um den eigentlichen Urheber der Werke Shakespeares beginnt mit der Schriftstellerin Delia Bacon. In ihrem Buch The Philosophy of Shakespeare’s Plays (1857) entwickelte sie die Hypothese, dass sich hinter dem Namen William Shakespeare eine Gruppe von Schriftstellern, bestehend aus Francis Bacon, Sir Walter Raleigh und Edmund Spenser, verberge. Ihre Publikation löste weitere Spekulationen aus, die bis heute anhalten und bei denen immer neue Kandidaten für die Urheberschaft genannt werden.[22]
Unter den Personen, die als mögliche Verfasser der Werke Shakespeares genannt werden, sind Francis Bacon, William Stanley und in neuerer Zeit vor allem Edward de Vere die am häufigsten genannten. Daneben spielt auch Christopher Marlowe eine gewisse Rolle (siehe Marlowe-Theorie). Im 19. und 20. Jahrhundert haben auch prominente Persönlichkeiten, wie Georg Cantor, Henry James und Mark Twain im Sinne der antistratfordianischen Thesen öffentlich Stellung genommen.
Siehe auch: William-Shakespeare-Urheberschaft
Rezeption in Deutschland
Shakespeare-Denkmal in Weimar
Denkmal in Weimar vor einer Ruinenkulisse als Zeichen für die Vergänglichkeit
Siehe auch: Deutsche Übersetzungen von Shakespeares Werken
In Deutschland hat die Shakespeare-Rezeption eine ereignisreiche Geschichte, in der der Dichter für die verschiedensten Interessen in Dienst genommen wurde.[23]
Von großer Bedeutung war Shakespeare für die Literaturtheorie der Aufklärung bei Gotthold Ephraim Lessing (im 17. Literaturbrief 1759), für die Dramatiker des Sturm und Drang etwa bei Heinrich Wilhelm von Gerstenberg (Briefe über Merckwürdigkeiten der Litteratur, 1766/67), bei Jakob Michael Reinhold Lenz (Anmerkungen übers Theater, 1774), bei Johann Gottfried Herder (Von deutscher Art und Kunst, 1773) und bei Johann Wolfgang von Goethe (Rede zum Schäkespears Tag, 1771), auch bei dem zwar laienhaften, aber desto begeisterteren Ulrich Bräker (Etwas über William Shakespears Schauspiele von einem armen ungelehrten weltbürger, der das glück genoß, denselben zu lesen. Anno 1780); ebenso für die deutsche Romantik, vor allem bei August Wilhelm von Schlegel (Wiener Vorlesungen über dramatische Kunst und Literatur 1809–1811) und für die Dramentheorie des 19. Jahrhunderts. Der im frühen 18. Jahrhundert einflussreiche Theoretiker Johann Christoph Gottsched, der dem französischen Klassizismus des 17. Jahrhunderts verpflichtet war und sich damit u. a. an den drei Aristotelischen Einheiten der französischen Dramentheorie orientierte, hatte sich noch, wie Voltaire vor ihm, recht abfällig über Shakespeare geäußert. In der zweiten Jahrhunderthälfte aber wurde Shakespeare für die Dramentheoretiker der Spätaufklärung und des Sturm und Drang zum Prototyp des Genies und blieb im Urteil nicht nur der Theaterdichter unerreichter „Stern der höchsten Höhe“ (Goethe) bis in unsere Gegenwart.
Zu den Besonderheiten der deutschen Shakespeare-Rezeption seit der Romantik gehört die Auffassung, die Deutschen hätten eine besondere Affinität zu Shakespeare, sein Werk stehe der deutschen Seele näher als der englischen.[24] Die Beschäftigung mit Shakespeare und die bis ins Politische reichende Popularisierung seines Werkes fand in der Deutschen Shakespeare-Gesellschaft, die im Jahr 1864 eher von Enthusiasten als von Fach-Philologen gegründet wurde, ihre institutionelle Verankerung. Sie ist die älteste Shakespeare-Gesellschaft der Welt und bedeutend älter als die englische.
Unübersehbar ist die Zahl der (oft eigens für einzelne Inszenierungen angefertigten) Eindeutschungen Shakespeares seit über 250 Jahren. Bekannte Übertragungen der Dramen sind die Ausgaben von Christoph Martin Wieland und von Johann Joachim Eschenburg (beide in Zürich erschienen) sowie von Gabriel Eckert (der die Wieland/Eschenburgischen Texte im sog. „Mannheimer Shakespeare“ revidierte), von Eduard Wilhelm Sievers, diejenige von Johann Heinrich Voß und seiner Söhne Heinrich und Abraham, die Schlegel-Tieck-Ausgabe (von August Wilhelm von Schlegel, Wolf von Baudissin, Ludwig Tieck und dessen Tochter Dorothea Tieck) sowie in älterer Zeit die Übersetzungen einzelner Stücke von Friedrich von Schiller oder Theodor Fontane, in neuerer Zeit die umfangreiche Übersetzung (27 Stücke) von Erich Fried und die geplante Gesamtübersetzung (34 Stücke liegen März 2014 vor) von Frank Günther. Neuere Übersetzungen einzelner Stücke, die Aufsehen erregten, waren z. B. die von Thomas Brasch und Peter Handke.
In den letzten Jahren hat sich die Shakespeare-Übersetzertätigkeit wieder mehr auf die Sonette konzentriert, an denen sich bereits seit dem achtzehnten Jahrhundert viele Übersetzer versuchen.
Shakespeares Werk ist im Laufe der Jahrhunderte zur ergiebigsten Quelle geflügelter Worte geworden. Nur die Bibel wird noch häufiger zitiert.
Werke
Siehe auch: Shakespeares Werke
Shakespeare war in erster Linie Dramatiker, verfasste daneben aber auch zwei Versepen sowie 154 Sonette. Der erste Versuch einer Gesamtausgabe seiner Theaterwerke erschien postum in Mr. William Shakespeare’s Comedies, Histories and Tragedies, der sogenannten Folio-Ausgabe. Diese enthält 36 Dramen, darunter 18 zuvor unpublizierte, ein Vorwort der Herausgeber sowie Lob- und Widmungsgedichte.
Nicht erhalten ist das im Jahr 1612 aufgeführte Drama Cardenio. Ebenfalls nicht mitgezählt wird die Mitarbeit an Sir Thomas More, einem Stück, das von mehreren Autoren verfasst worden ist; Shakespeares Teilnahme ist aber in neuerer Zeit wieder in Zweifel gezogen worden.[25] Eine Reihe von Dramen wurde Shakespeare seit der dritten Folio-Ausgabe (1662) zugeschrieben. Abgesehen von Pericles, das, von Shakespeare zusammen mit einem anderen Autor geschrieben, als authentisches Werk akzeptiert wird, gelten diese als „Apokryphen“ bezeichneten Stücke schon lange nicht mehr als Kandidaten für die Aufnahme unter die echten Werke Shakespeares.[26] In der Forschung wird laufend über Zu- und Abschreibungen weiterer Werke und über die Zusammenarbeit anderer Autoren an seinen Werken bzw. über die Kollaboration Shakespeares bei den Werken anderer Autoren diskutiert.[27] Jüngere vorgeschlagene Zuschreibungen betreffen Edward III und Double Falshood or The Distrest Lovers. Bei Edward III (gedruckt 1596) wird Shakespeares Ko-Autorschaft angenommen (u. a. von Brian Vickers); das Drama wurde in die jüngste Ausgabe von „The Norton Shakespeare“ und in die zweite Auflage des „Oxford Shakespeare“ aufgenommen. Double Falshood, dessen Autorschaft bereits seit dem Beginn des 18. Jahrhunderts kontrovers diskutiert wird, wurde 2010 Teil der Arden-Edition der Werke Shakespeares.
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